Wir sprachen kürzlich mit Philipp Ries, Branchenführer für Hospitality bei Google in der Schweiz, nach seiner Keynote vor dem internationalen Verwaltungsrat der EHL. Hier sind einige Highlights des Interviews:
F: In welchen Bereichen kann die Technologie für Hoteliers und die Hospitality-Branche derzeit besonders hilfreich sein?
Ries: Dank Start-ups und grossen Playern wie Amazon und anderen wird das Kundenerlebnis in vielerlei Hinsicht von Tag zu Tag besser. Dinge zu kaufen oder zu tun wird für den Kunden immer leichter, und das liegt nicht zuletzt an Innovationen, von denen viele auf Technologie basieren. Wenn der Kunde ein Hotel betritt, merkt er sich, was er dort erlebt und erwartet dasselbe Erlebnis auch bei seinem nächsten Hotelbesuch. Auf diese Weise steigen seine Ansprüche, und es wird immer schwieriger, ihn mit einem Check-in, der 10 Minuten dauert, oder Wartezeiten beim Auschecken zufriedenzustellen. Immer mehr muss sofort passieren, und dabei kann Technologie helfen.
F: Aber für ein einzelnes Hotel kann Technologie ziemlich teuer sein – und dann gibt es noch alle möglichen verschiedenen Systeme.
Ries: Alle Hotels stehen vor denselben Herausforderungen. Es ist mir schleierhaft, warum sich die Hoteliers nicht zusammensetzen und sagen: „Na gut, wir konkurrieren zwar um dieselben Kunden, aber wir möchten unseren Gästen das bestmögliche Erlebnis bieten, also sollten wir uns zusammentun, um die Kosten zu senken und wettbewerbsfähiger zu werden.“
F: Sie sollten also als Partner und nicht als Konkurrenten auftreten, wenn es um technologische Investitionen geht, und vielleicht sogar eine bestimmte Location gemeinsam vermarkten?
Ries: Ganz genau. Beides ist möglich. Wenn ich der Inhaber oder CEO eines Hotels wäre, würde ich mir die Dinge ansehen, die ich wirklich tun möchte. Vieles davon kann man unmöglich alleine schaffen. Man braucht entweder einen externen Partner oder man tut sich mit anderen Leuten zusammen und stellt jemanden an, der für die ganze Gruppe arbeitet, sodass allen geholfen ist.
F: In Ihrer Keynote Rede haben Sie gesagt, dass 20 Prozent der Google-Suchvorgänge bereits per Sprache (Google Assistant) und nicht mehr per Browser ausgeführt werden. Kann man davon ausgehen, dass dieser Trend exponentiell zunimmt?
Ries: Ja, ich denke, wir befinden uns hier noch ganz am Anfang der Wachstumskurve. Aber die Erfahrungen werden immer besser und wir sollten uns unbedingt auf diesen Bereich konzentrieren. Man muss sich überlegen, wo es sinnvoll ist, einem Gast zu sagen: „Pass auf, nutze dieses System, damit funktioniert es am besten.“
F: Wie arbeitet Google mit Hoteliers und der Hospitality-Branche zusammen?
Ries: Wir haben verschiedene Plattformen, wie zum Beispiel die kostenlose Plattform Google My Business. Hier können sich Hotels kostenlos anmelden und werden dann mit ihren Öffnungszeiten, Telefonnummern und einem Link zu ihrer Website gelistet. Das ist alles kostenlos und kann mit eigenen Bildern und anderen aktuellen Informationen selbst ergänzt werden. Auf diese Weise kooperieren wir vor allem mit kleinen und mittelgrossen Hotels.
Mit den grösseren Hotels arbeiten wir noch etwas enger zusammen, um herauszufinden, wie wir das Erlebnis weiter verbessern und auch Buchungen ermöglichen können. Hotels, die einer grösseren Hotelgruppe angehören, können über Google direkt auf der Plattform gebucht werden. Wir arbeiten also auf viele Arten mit der Hospitality-Branche zusammen.
F: Muss sich die Hospitality-Branche Sorgen machen? Google ist ein Riese und könnte die Branche dominieren, vor allem bei der Sprachsteuerung.
Ries: Das glaube ich wirklich nicht. Sehen Sie, die Menschen möchten irgendwo ein grossartiges Erlebnis haben. Und das ist überhaupt nicht Googles Sache und wird es auch niemals sein. Wir wissen, wo unsere Stärken liegen. Wir sind gut darin, bessere Erlebnisse für unsere Benutzer zu schaffen und werden nie ein Hotel oder eine Hotelkette eröffnen. Ich sehe nicht, dass wir je in diese Richtung gehen werden.
F: Google ist derzeit nicht an Transaktionen interessiert, wie sie die OTAs [Online-Reiseagenturen] anbieten, könnte aber einen Service mit integrierten Flug- und Hotelinformationen bereitstellen. Mit all den Daten, über die Sie verfügen, wären Sie doch zum Beispiel Expedia oder Booking.com gegenüber klar im Vorteil?
Ries: Das Erlebnis hat sich in den letzten paar Jahren deutlich verbessert. Wenn Sie beispielsweise nach Flügen suchen, sehen die Ergebnisse heute erheblich besser aus als noch vor fünf oder sechs Jahren. Dasselbe gilt auch für Hotels. Ich finde, das ist in vielerlei Hinsicht schon jetzt ein integriertes Erlebnis. Doch die Reservierungen selbst erfolgen etwa über Booking.com oder direkt beim Hotel, und ich glaube nicht, dass sich das ändern wird.
F: Zu was würden Sie den Hoteliers also am dringendsten raten? Zu einem „Mobile First“-Ansatz in der Kommunikation mit den Kunden? Oder zu Personalisierung? Was sind für Sie die wichtigsten Themen?
Ries: Mobile First, würde ich sagen.
Was die übrigen Themen angeht, muss man selbst wissen, was man tut – und vor allem, was man nicht tun sollte, weil man es gar nicht tun kann. Konzentrieren Sie sich auf wenige Dinge, aber machen Sie diese richtig. Und behalten Sie immer den Kunden im Blick, denn letztlich ist er es, der Sie bezahlt.