Was sind die neuesten Trends in der Hospitality Industrie? Es versteht sich von selbst, dass die Pandemie und die darauffolgenden Wirtschaftskrise das Gastgewerbe erheblich beeinflusst haben. Dies wird sich zweifellos auch auf das Jahr 2022 und darüber hinaus auswirken. Einige Reaktionen auf diese aussergewöhnliche Situation haben bestehende Trends im Gastgewerbe beschleunigt und nachhaltige Veränderungen ausgelöst. Damit wurde versucht, die Gäste wieder in die Gastronomie zu locken und den Urlaubern zu versichern, dass ein Hotelaufenthalt sicher ist.
In der Zwischenzeit hat sich ein gesellschaftlicher Wandel vollzogen, der unter anderem auf die veränderten Werte nach der akuten Phase der Pandemie zurück zu führen ist. Während in den Jahren 2020 und 2021 die Popularität von Staycations, Hygieneprotokollen und kontaktlosen Technologien – die alle inzwischen fest in den täglichen Aktivitäten im Gastgewerbe verankert sind – stark gestiegen ist, zeichnen sich jetzt einige neue Trends ab.
Ein erhöhtes Verbraucherbewusstsein für Nachhaltigkeit und Gesundheit & Wohlbefinden hat neue Massstäbe für Gastronomiebetriebe gesetzt. EHL Insights präsentiert Ihnen die aktuellen Trends in der Hospitality Branche für das Jahr 2022.
10 Trends, welche das Gastgewerbe 2022 beeinflussen
1. Bleisure-Reisende und Büroarbeitsplätze in Hotels
Das ortsunabhängige Arbeiten ist heute für viele Arbeitnehmende alltäglich geworden und ist sehr wahrscheinlich, dass dies mehr als nur ein vorübergehender Trend sein wird. Eine Verschiebung, die durch die globale Gesundheitskrise stark beschleunigt wurde. Eine noch nie dagewesene Anzahl hochkarätiger Unternehmen - allen voran grosse Tech-Unternehmen wie Twitter, Facebook und Amazon - haben angekündigt, dass sie zukünftig einen hybriden oder flexiblen Ansatz für mehr Remote-Arbeit verfolgen werden. Allein im Jahr 2021 wird sich der Prozentsatz der Arbeitnehmenden, die dauerhaft remote arbeiten, verdoppelt haben.
Das bedeutet, dass Gastbetriebe als provisorische Büros von Bleisure-Reisenden und Einheimische genutzt werden, die eine alternative Arbeitsumgebung suchen. Dies stellt eine hervorragende Gelegenheit für Hotels und Gastronomiebetriebe dar, ihr Angebot neu an die Bedürfnisse und Wünsche dieses aufstrebenden Segments anzupassen. Genügend Steckdosen, kostenloses High-Speed-WIFI und guter Kaffee bieten gute Ausgangspunkte.
2. Ganzheitliche Gastfreundschaft, Gesundheit und Wohlbefinden
Präventivmedizin und Self-Care liegen aufgrund der COVID-Pandemie derzeit unbestritten im Trend. Die Wellness-Branche boomt und das Gastgewerbe ist gut positioniert, um ein grosses Stück vom Kuchen abzubekommen. Vor allem die Hotels mit grösseren Spa-Anlagen werden im kommenden Jahr davon profitieren können.
Neben dem klassischen Angebot an Schönheits- und Entspannungsspas steigt die Nachfrage nach Gesundheitsdiagnostik und massgeschneiderten Behandlungsplänen. Experten führen diese in Einzel- oder Gruppensitzungen durch, um Vitalität, Heilung, Stressbewältigung, emotionales Gleichgewicht, Achtsamkeit und einen besseren Schlaf zu fördern. Entdecken Sie weitere Spa-Trends in diesem Artikel.
3. Digitalisierte Gästeerlebnisse
Apps spielen eine immer grössere Rolle für die Verwaltung der Dienstleistungen, welche Hoteliers ihrer Kundschaft anbieten. Sie können vielfältig eingesetzt werden und unterschiedliche Aspekte des Gästezyklus und -erlebnisses steuern. Es ist beinahe überflüssig zu erwähnen, dass der Trend zu digitalen und kontaktlosen Services seit 2020 an Dynamik gewonnen hat. Traditionelle, kundenorientierte Dienstleistungen werden durch den verstärkten Einsatz technologiegestützter Optionen wie online Check-In, kontaktlose Zahlungen, Sprachsteuerung oder Biometrie verändert.
Wer sich daran gewöhnt hat, sein Smartphone und Laptop mit Hilfe von Gesichts- und Fingerabdruckerkennung zu entsperren, wird den gleichen Komfort beim Zugang zu seinem Hotelzimmer erwarten. Solche Upgrades sind für die Gastbetriebe jedoch meist sehr kostspielig in der Installation und im Unterhalt. Wenn Sie aber der Zeit voraus sein wollen, empfehlen wir Ihnen, diesen Schritt zu wagen und die Investition zu tätigen.
4. Personalisierung
Die Gäste von heute erwarten, dass sie als Individuen erkannt und behandelt werden. Hospitality Unternehmen gehen die Extra-Meile, um ihre Gäste möglichst persönlich zu begrüssen. Tools wie Mailchimp und Zoho haben personalisiertes E-Mail-Marketing für die Masse zugänglich gemacht und ermöglichen eine individualisierte Gästekommunikation. Dies geht weit über das einfache Hinzufügen des Kundennamens in E-Mails hinaus. Gesammelte Daten bieten Einblicke in frühere Kaufgewohnheiten, so dass Hotels ihre Angebote und Promotionen den Gästen anpassen und automatisch ähnliche Leistungen wie bei früheren Aufenthalten anbieten können.
Technische Plattformen wie CRM und CEM nutzen Big Data, um in grossem Umfang Eins-zu-Eins Interaktionen zwischen Gast und Gastgeber zu schaffen. KI-gestützte Chatbots erwiesen sich als Vorteil für den Kundenservice, sowohl während des Buchungsprozesses als auch bei der Beantwortung wiederkehrender Fragen.
Der Hotelbetrieb im Allgemeinen wird zunehmend durch den Einsatz von Managementsystemen zur Überwachung und Optimierung von Einnahmen, Kundenbeziehungen, Immobilien, Kanälen und der Reputation gesteuert. Ganz zu schweigen von der zunehmenden Bedeutung von integriertem Messaging, prädiktiver Analytik, Kundenprofilen und Middleware, die darauf abzielt, unterschiedliche Systeme miteinander zu verbinden.
5. Erlebnisökonomie & Essentialismus
Kunden erwarten sowohl eine starke Personalisierung als auch einzigartige Erlebnisse. Dies könnte sehr wohl zum "Tod des Reisebüros" und dem Aufstieg des unabhängigen Reisenden führen.
Ein schlechtes Gewissen beim Reisen ist kein Einzelfall. Der aufstrebende Minimalismus hat den sonst etwas verstaubten Spruch «weniger ist mehr» wiederbelebt. Reisende suchen immer seltener nach verschwenderischer Zurschaustellung von Reichtum. Sie ziehen es stattdessen vor, ihr Geld klug und zielgerichtet auszugeben und dabei einen möglichst positiven Einfluss auf die Umwelt zu haben. Einzigartige Erlebnisse, die den lokalen Gemeinschaften auf sinnvolle Weise etwas zurückgeben, sind ebenso gefragt wie Abenteuerurlaube und Erholungsaufenthalte.
6. Vermögensverwaltung als Strategie
Der Asset-Light-Ansatz hat sich in der Branche durchgesetzt. Die Trennung zwischen dem Management des Betriebes und der Immobilienvermögen erlaubt es Hospitality-Unternehmen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren und so die Effizienz darin zu steigern.
Dies führt jedoch zu zusätzlicher Komplexität und potenziellen Vermittlungsproblemen, was das Entstehen neuer Arbeitsplätze, wie z. B. Vermögens- und Immobilienverwalter, erklärt. Darüber hinaus haben sich aufgrund der zunehmenden Komplexität der Hospitality Branche neue Berufsprofile herausgebildet. Parallel dazu hat auch der Bedarf an administrativen Kompetenzen (für Prognosen, Budgetierung usw.) zugenommen.
7. Solo Travelers
In Zeiten der Achtsamkeit haben viele den meditativen Wert darin erkannt, Zeit alleine zu verbringen. Damit sich Alleinreisende wohl fühlen, werden die Barrieren zwischen dem Hotelpersonal und den Gästen so weit als möglich abgebaut. Die Inneneinrichtung wird heimatlich gestaltet, so dass eine ungezwungene Atmosphäre entstehen kann. Zusammen mit einer weniger starken Trennung zwischen Gästen und Einheimischen fördert dies ein Gefühl der Hotelgemeinschaft.
8. Nachhaltigkeit
Ein aktueller Trend im Gastgewerbe, der die letzten Jahre kennzeichnete: Die Nachhaltigkeit nimmt auch im nächsten Jahr einen Top 10 Platz ein. Weitreichende ethische und ökologische Überlegungen prägen die Entscheidungen, die auf der Ebene des Hospitality-Managements getroffen werden. Sie sind eine natürliche Erweiterung der Vermeidung von Einweg-Plastik, der Eliminierung von unnötigem Papierverbrauch dank Opt-in-Quittungen oder der Reduzierung von Lebensmittelabfällen.
Entscheidungen über so einfache Dinge wie die Frage, welche Handtuchhalter bei Renovierungen installiert werden sollen, haben unverhältnismässige Auswirkungen, wenn sie in grossem Umfang umgesetzt werden. Zu den einfachen umweltfreundlichen Massnahmen gehören der Austausch von Mini-Toilettenartikeln durch grössere, lokal bezogene Spender. Die Wahl von ethisch produzierter Bettwäsche aus organischen Materialien und die Reduzierung des Energieverbrauchs durch intelligente Glühbirnen sowie vegetarische und vegane Menüs bergen ebenfalls bekannte Umweltvorteile in sich.
9. Virtuelle und erweiterte Realität
Auch Unternehmen in der Hospitality Branche richten sich vermehrt auf visuell ansprechende Inhalte aus. Virtuelle Touren durch die eigenen Lokalitäten sind daher eine sehr gute Möglichkeit, den Gästen moderne und interaktive erste Eindrücke zu vermitteln.
360-Grad-Videos vom Restaurant-Ambiente, süssen kleinen Café-Terrassen im Grünen oder Hotelstränden, sind in diesem Jahr genau das Richtige, um sich von der Masse abzuheben. Wie immer ist es wichtig, die Zugangsschwelle niedrig zu halten, um ein möglichst breites Publikum mit Virtual Reality zu erreichen. Die Inhalte sollten auf normalen Smartphones abrufbar sein, ohne dass ein VR-Headset benötigt wird.
Vor Ort lassen sich mit Augmented Reality einmalige Gästeerlebnisse kreieren. Die Gäste könnten ihre Smartphones auf reale Gegenstände richten, um zusätzliche Informationen aufzurufen. Augmented Reality nutzt grafische Überlagerungen, um die Umgebung vor Ort virtuell zu erweitern. Nach dem Herunterladen der entsprechenden App können Gäste mit diesem Tool auf Restaurantöffnungszeiten, Bewertungen oder interaktive Karten mit Touristeninformationen zugreifen oder sogar eigene Inhalte erstellen.
10. Weniger Reisen und Staycations
Die Reisebeschränkungen in den Jahren 2020 und 2021 haben den Aufstieg der "Staycation" begünstigt. Selbst wenn internationale Reisen wieder möglich sind, begleiten Preiserhöhungen bei den Fluggesellschaften, die Anforderungen für Covid-Tests und eine komplizierten Bürokratie die Auslandreisen. Für viele Urlauber werden damit die Ferien im Ausland entweder zu teuer oder die Planung zu aufwändig. Daher entscheiden sich viele stattdessen für den Staycation-Trend oder reisen einfach viel weniger als vor der Pandemie.
Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Gründen, warum sich Urlauber dafür entscheiden, näher an ihrem Wohnort zu bleiben, z. B. auf Grund des Umweltschutzes oder des Budgets. Im Jahr 2021 zeichnete sich ein deutlicher Anstieg der in der Nähe verbrachten Ferien ab. Glücklich können sich diejenigen schätzen, die in einer ohnehin schon touristischen Region mit einem angenehmen Klima leben.
Heute - Hospitality 2.0
Was bringt die Zukunft der Hospitality Branche? Insgesamt zeigt die EHL Fakultät die Notwendigkeit für Hoteliers auf, die oben genannten Trends richtig zu erfassen, um zu verstehen, was auf dem Spiel steht. Sechs Dimensionen gingen aus unserer Umfrage hervor:
Nr. 1 - Standardisierung kann nicht länger die Norm sein.
Es wird immer wichtiger, Dienstleistungen zu personalisieren und auf die Bedürfnisse und Vorlieben der Gäste zuzuschneiden.
Nr. 2 - Um Mehrwert zu schaffen, sollte man sich auf Nischenmärkte konzentrieren.
Mehr Individualisierung und Spezialisierung kann eine höhere Wertschöpfung für Unternehmen in der Hospitality Branche ermöglichen. Aber dies erfordert, dass du wirklich über das Wertversprechen deines Angebots nachdenkst und nicht einfach nur oberflächliches «Branding und Rebranding» betreibst.
Nr. 3 – Technologien als Beschleuniger fürs Geschäft nutzen.
Technologie wird das Herzstück des Hotelerlebnisses sein, sowohl im Zimmer als auch vor und nach der Reise. Dies wird zur Entwicklung neuer Konzepte und zu mehr Innovation in der Branche führen und dazu beitragen, dass ein immer individuelleres Angebot entsteht.
Nr. 4 - Soziale Verantwortung ist eine moralische und eine wirtschaftliche Verpflichtung.
Die Auswirkungen der globalen Erwärmung werden heute als ein grosses Risiko angesehen. Sowohl für Unternehmen, die Umsatz- und Gewinneinbussen erleiden können, als auch für die Gesellschaft als Ganzes. Es ist daher entscheidend für Regierungen, aber noch mehr für Unternehmen, nachhaltiger zu werden und nicht nur grüne, sondern wirklich nachhaltige Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Die Menschen werden immer aufgeschlossener für ökologische und soziale Fragen. Dies muss bei der Markenbildung berücksichtigt werden, aber man sollte sich vor "Green-Washern" hüten: Die Verbraucher wissen inzwischen sehr wohl, dass es viele Verschleierungstaktiken gibt und sie werden nicht darauf herein fallen.
Nr. 5 – Reaktions- und widerstandsfähigere Geschäftsmodelle entwickeln.
«Der Tourismus wird trotz stetig wachsender Reiseströme risikoreicher und krisenanfälliger werden», da die Zahl der Reisenden immer weiter zunimmt. Dies wird einhergehen mit einer verstärkten Regulierung als Reaktion auf einen überproportionalen Anstieg der Touristenströme an einigen Orten (z.B. Venedig oder Barcelona).
Durch die weit verbreiteten Lockdowns und die umgeformten Arbeits- und Kinderbetreuungszeiten haben die Lieferdienste in diesem Jahr eine neue Bedeutung erlangt. Die Konsumenten geben sich nicht mehr damit zufrieden, immer die übliche Pizza oder beim gleichen chinesischen oder indischen Takeaway zu bestellen, sondern suchen nach neuen Angeboten. Sie wollen nicht auf die Vorzüge eines guten Restaurants verzichten, sondern dieses Erlebnis auch zu Hause nachempfinden. F&B-Betriebe machen dies möglich, indem sie Getränkelieferungen einbeziehen und Extras anbieten: stimmungsvolle Kerzen und Dekoration, QR-Code-Playlists und unerwartete Geschenke.
Hotels haben ihren Teil dazu beigetragen, indem sie die medizinische Versorgung vor Ort unterstützen und Hotelzimmer in alternative Arbeitsbereiche für diejenigen verwandeln, die es leid sind, von zu Hause aus zu arbeiten.
Nr. 6 - Talente aktiv managen.
Die Zeiten der dauerhaften Mitarbeiterbindung sowie passiver, hierarchischer Führungsstile sind definitiv vorbei. Die richtigen Talente für die Hospitality Branche zu gewinnen, zu entwickeln und zu halten, bleibt eine zentrale Herausforderung.
Die Zukunft - Hospitality 3.0?
Während sich, der Konsens um die Notwendigkeit der Branche dreht, sich weiterzuentwickeln und sich an das aktuelle Umfeld anzupassen, waren einige Befragte extremer und meinten, dass Hotelzimmer, wie wir sie heute kennen, bald der Vergangenheit angehören werden.
Diese Vermutungen basieren auf den Auswirkungen der Sharing Economy und die Tendenz der heutigen Kunden, traditionelle Hotels zu meiden. Sie glauben, dass reine Anpassungen der Angebote nicht ausreichen und dass sich die Branche ganzheitlich neu erfinden muss.
Dieser Standpunkt wird durch die zunehmende Bedeutung von Technologien in der Hotellerie und die wachsende Macht der Techgiganten verstärkt. Ein Befragter sagt:
Grosse Technologieunternehmen werden die meisten Hotelmarken ersetzen, weil sie technologische Lösungen anbieten und neue Märkte schaffen können, die Kunden anziehen. Die traditionelle Hospitality Branche wird sich zu Nischenmärkten entwickeln oder zu einem extrem luxuriösen Sektor. Diejenigen, die ihre Nische nicht identifizieren können, werden zu den Geldmaschinen der Technologieunternehmen. Einige grosse Marken werden vielleicht überleben, aber ihr Business wird härter werden.
Auch wenn sich die Befragten unterschiedlich über die Zukunft der Branche äussern, sind sich dennoch alle einig: Die Hospitality Branche muss sich weiterentwickeln und neu erfinden, um die neuen Chancen zu nutzen und die Herausforderungen zu meistern, vor denen sie steht. Die einzige Frage, die bleibt, ist, bis zu welchem Ausmass diese Transformation stattfinden muss.
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